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Pressezentrum bei G20-Gipfel
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Bericht G20-Akkreditierungsaffäre weitet sich aus

„Der gesamte Datenbestand muss überprüft werden.“

Berlin – Die Affäre um den Entzug von Akkreditierungen beim G20-Gipfel in Hamburg weitet sich aus. Laut eines Berichts des ARD-„Hauptstadtstudios“ enthalten auch die weiteren Bescheide an betroffene Journalisten zahlreiche fehlerhafte und rechtswidrige Einträge.

Das ARD-„Hauptstadtstudio“ hatte neun Bescheide ausgewertet. Demnach finden sich in der Datenbank zur politisch motivierten Kriminalität fünfzehn Jahre alte Einträge zu Bagatelldelikten, bei denen es nie zu einer Anklage kommen sei.

Datensätze über scheinbar schwerwiegende Straftaten seien nachweislich falsch. So soll in der Akte eines Berliner Fotografen die angebliche „Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion“ aus dem Juli 2011 gespeichert sein, für die er damals erwiesenermaßen zu Unrecht verdächtigt worden sei, so das ARD-„Hauptstadtstudio“.

Datenschützer erkennen in den falschen und rechtswidrigen Einträgen ein Muster und sehen sich in früheren Warnungen bestätigt. Der frühere Bundesbeauftragte Peter Schaar erinnerte daran, dass er im Jahre 2012 exemplarisch eine kleinere Datenbank des BKA überprüft hatte: Anschließend mussten 90 Prozent der Datensätze gelöscht werden.

Auf eine extrem hohe Fehlerquote deuten nach Einschätzung von Experten auch die aktuellen Zahlen in anderen Datenbanken. Das Bundesinnenministerium teilte dem ARD-„Hauptstadtstudio“ auf Anfrage mit, dass allein in der Fallgruppe „Innere Sicherheit“ aktuell 109.625 Personen und 1.153.351 Datensätze zu einzelnen politisch motivierten Straftaten gespeichert seien. Das ist das 27-fache der 41.549 politisch motivierten Straftaten, die laut Kriminalitätsstatistik im Jahre 2016 insgesamt begangen wurden.

In der Falldatei Rauschgift sind sogar rund 700.000 Personen gespeichert, die meisten wegen Bagatelldelikte im Zusammenhang mit Cannabis, bei denen es in den seltensten Fällen zu einem Strafbefehl oder einer Verurteilung gekommen war.

Als Hauptproblem gilt unter Experten eine Unschärfe im BKA-Gesetz, die es auch möglich macht, Delikte ohne eine rechtskräftige Verurteilung zu speichern. Zwingende Voraussetzung dafür ist allerdings eine „Negativprognose“, mit der in jedem Einzelfall begründet werden muss, warum von einer Person auch zukünftige Straftaten erwartbar sind.

In der Praxis werde diese Voraussetzung aber nicht erfüllt, was die amtierende Datenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff in ihrem Tätigkeitsbericht 2017 scharf kritisierte: „Das kehrt die Unschuldsvermutung um und widerspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts.“

Voßhoffs Vorgänger Schaar erklärte dem ARD-„Hauptstadtstudio“, mit einer Bereinigung der im Zusammenhang vom G20-Gipfel sichtbar gewordenen Fehler sei es nicht getan: „Der gesamte Datenbestand muss überprüft werden. Im Ergebnis nützt es unserem Rechtsstaat und stärkt zugleich die Polizeiarbeit, wenn man sich auf relevante Daten beschränkt.“

Auch der frühere Bundesverfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem sieht dringenden Handlungsbedarf. „Es geht um drei unterschiedliche Probleme: Wann muss eine Eintragung, selbst wenn sie anfänglich rechtmäßig war, aus allen Dateien entfernt werden, in die sie inzwischen gelangt sind? Zweitens: Reicht eine Eintragung als solche, um bei dem Betroffenen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit begründen zu können? Drittens: Die Polizei muss bei jedem Eingriff gegen einen Journalisten berücksichtigen, dass diesen bei ihrer Arbeit der besondere Schutz der Medienfreiheit zusteht“, sagte Hoffmann-Riem dem ARD-„Hauptstadtstudio“.

Auf allen drei Ebenen seien offenbar Fehler begangen worden. „Hier muss dringend für rechtsstaatliche Klarheit gesorgt werden.“

30.08.2017 - dts Nachrichtenagentur / newsburger.de

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