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Emder Mordfall Könnte Lena noch leben?

Kritiker schlagen der Polizei die Versäumnisse im Emder Mordfall um die Ohren.

Berlin – Kopfschütteln bei Experten, harte Fragen aus der Politik: Die Polizei steht wegen Ermittlungspannen zum Mord an der elfjährigen Lena in der Kritik. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), forderte am Mittwoch eine genaue Aufklärung der Versäumnisse. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte vor Vorverurteilungen. Die Piratenpartei wertete den online verbreiteten Lynchaufruf gegen einen zu unrecht Verdächtigten als Gefahr für die Freiheit im Internet.

Die Polizei hatte am Dienstag eingeräumt, dass der geständige Tatverdächtige sich im November wegen pädophiler Neigungen selbst angezeigt hatte, ein Durchsuchungsbefehl gegen ihn aber nicht umgesetzt worden sei. Uhl sagte, der Durchsuchungsbeschluss hätte von der Polizei unverzüglich umgesetzt werden müssen. „Das kinderpornografische Material auf seinem Computer hätte sichergestellt werden müssen. Komplizen und Kontaktpersonen hätten ermittelt werden müssen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Es muss minutiös aufgeklärt werden, was die Polizei in dem Vierteljahr seit der Selbstanzeige getan hat, oder ob sie geschlampt hat.“

Der GdP-Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut sagte am Dienstag im ZDF-„heute journal“, er maße sich nicht an, ein Vorurteil oder Gerücht in die Welt zu setzen. Zunächst gelte es, die Vorgänge gründlich aufzuarbeiten. Dann könnten Konsequenzen gezogen werden.

Dagegen machte der Direktor der Kriminologischen Zentralstelle von Bund und Ländern, Rudolf Egg, der Polizei schwere Vorwürfe. Wenn schon jemand zur Polizei komme und sage, er habe eine pädophile Neigung und wolle einen Schlusspunkt setzen, dann sei das auch eine Art Hilferuf, sagte Egg in den ARD-„Tagesthemen“. „Im Interesse des Opferschutzes kann man so jemanden nicht einfach gehen lassen“, kritisierte er.

Der Kriminologe Christian Pfeiffer kritisierte, die Reaktion der Polizei auf die Selbstanzeige des 18-Jährigen sei erstaunlich passiv gewesen. „Jeder weiß, gerade in diesen jungen Jahren ist man noch sehr therapiefähig“, sagte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen in der Fernsehsendung „NDR aktuell“. Wenn die Polizei konkret beispielsweise nach dem Therapeuten des Jungen gefragt hätte, „dann hätte etwas in Gang kommen können, das die ganze Geschichte gedreht hätte“, sagte Pfeiffer. Ob eine Hausdurchsuchung den Tod Lenas verhindert hätte, sei allerdings keineswegs sicher.

Die politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, Marina Weisband, warnte vor den Folgen der Online-Hetzkampagne gegen einen zu Unrecht des Mordes an Lena verdächtigten 17-Jährigen. „Die größere Bedrohung der Freiheit im Netz sind nicht Vorratsdatenspeicherung, Zugangsbeschränkung oder ACTA – sondern dieser Umgang miteinander“, sagte Weisband der „Berliner Zeitung“. Sie halte auch die Praxis für gefährlich, dass Internetnutzer Politiker in Hunderten Mails beschimpfen. Die Freiheit des Internets bringe auch mehr Verantwortung mit sich.

Nach dem Mord hatte es Lynchaufrufe im Internet gegen den ersten Verdächtigen gegeben. Etwa 50 Menschen versammelten sich vor dem Polizeirevier, um es zu stürmen.

04.04.2012 - dapd / newsburger.de

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