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Kindesmissbrauch auf Social Media Polizei nutzt effektive Ermittlungsmethode bislang kaum

„Die Aufklärungsquote ist hoch, die liegt bei über 80 Prozent.“

Hamburg – Recherchen von STRG_F zufolge nutzen deutsche Ermittlungsbehörden die sogenannten „Scheinkindoperationen“ nur selten, um auf Social Media gegen Cybergrooming und Kindesmissbrauch vorzugehen. Eine Anfrage bei allen Bundesländern ergab, dass lediglich in Baden-Württemberg und Hessen die Behörden unabhängig von einem Anlass „Scheinkindoperationen“ durchführen. Dabei tarnen sich erwachsene Ermittler im Internet als Kinder, um Pädokriminelle zu fassen. Seit der Gesetzesverschärfung im Jahr 2020 machen sich Täter strafbar, wenn sie im Netz vermeintliche Kinder kontaktieren und belästigen, die in Wirklichkeit Erwachsene sind. Professor Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger, Direktor des Instituts für Cyberkriminologie an der Polizeihochschule Brandenburg, befürwortet einen häufigeren Einsatz dieser Methode: „Die Aufklärungsquote ist hoch, die liegt bei über 80 Prozent.“

Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen setzen dieses Instrument nur bei anlassbezogenen Ermittlungen ein. Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern haben keine Informationen bereitgestellt. Die übrigen zehn Bundesländer haben laut eigenen Angaben keine „Scheinkindoperationen“ durchgeführt. Gemäß der polizeilichen Kriminalstatistik wurden im Jahr 2023 durch „Scheinkindoperationen“ 164 Tatverdächtige identifiziert.

Professor Dr. Rüdiger zufolge mangelt es auch aufgrund der geringen Anzahl durchgeführter polizeilicher „Scheinkindoperationen“ an Abschreckungspotenzial: „Das deutet für mich auch darauf hin, dass manche der Tatverdächtigen offenbar nur eine geringe Angst vor Strafverfolgung haben.“ Insgesamt könne die Wahrscheinlichkeit, angezeigt zu werden, auch eher als gering eingeschätzt werden.

Undercover-Recherchen von STRG_F auf der App Likee haben gezeigt, dass Täter damit schnell identifiziert werden könnten. Likee, eine Plattform ähnlich konzipiert wie TikTok, wurde im Google Playstore bereits über 500 Millionen Mal heruntergeladen. Durch einschlägige Missbrauchsurteile ist deutschen Ermittlungsbehörden bekannt, dass dort Pädokriminelle gezielt nach Opfern suchen. Drei Tage lang haben sich Journalistinnen von STRG_F als Kinder ausgegeben und konnten mehrere sogenannte Cybergroomer, also Personen, die gezielt sexuelle Kontakte mit Kindern über das Internet anbahnen, identifizieren. Die vermeintlichen 12- und 13-jährigen Mädchen wurden Ziel von Kindesmissbrauch ohne Körperkontakt und dazu aufgefordert, sogenannte Kinderpornografie zu erstellen und zu versenden.

Im Interview sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Es ist eine widerliche Form der Kriminalität. Es hat leider rasant zugenommen.“ Faeser kündigte im Interview mit STRG_F zwar an, dem nachzugehen „warum solche Apps nicht verboten werden“. Die dafür zuständige Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen schreibt aber auf Anfrage: „Eine Sperrung ganzer Angebote sind Eskalationsstufen, die wir ergreifen, wenn alle anderen Maßnahmen zur Löschung eines Inhaltes ohne Erfolg sind“. Das bedeutet: Zunächst will man sich dafür einsetzen, dass die Inhalte gelöscht und die Urheber strafrechtlich verfolgt werden. Man habe die App „ab sofort unter Beobachtung genommen“.

Die Recherche zeigt außerdem, dass sich auf der App ein regelrechter Markt für sogenannte Kinderpornografie entwickelt hat: Kindern wurde Geld und Spieleguthaben angeboten, wenn sie sich nackt zeigen oder anderen Missbrauchshandlungen zustimmen. Solche Inhalte sind laut Untersuchungen von STRG_F ebenfalls in Darknet-Foren gelangt.

Likee hat auf eine Anfrage von STRG_F hin mitgeteilt, dass man Maßnahmen ergreifen werde, um Kinder in der App zu schützen. Mittlerweile wurden einige Hashtags in der App eingeschränkt oder gesperrt. Trotzdem konnte STRG_F weiterhin Grooming-Versuche in der App feststellen.

Nach einer Anfrage von STRG_F hat Apple die Likee-App aus dem AppStore entfernt, da sie gegen die Richtlinien verstieß. Im Google Playstore ist die App jedoch noch verfügbar. Aufgrund der Recherchen von STRG_F wird mittlerweile gegen einen Likee-Nutzer ermittelt.

13.06.2024 - newsburger.de

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