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Kohl Modrow Momper Brandenburger Tor
© SSGT F. Lee Corkran / U.S. federal government / gemeinfrei

Porträt Der „Kanzler der Einheit“ wird 80 Jahre alt

Mehr als zwei Jahrzehnte prägte Kohl die bundesdeutsche Geschichte.

Berlin – Der runde Geburtstag stimmt sogar politische Rivalen milde: Er habe Helmut Kohl bis in den Herbst des Jahres 1989 hinein unterschätzt, schreibt etwa Helmut Schmidt in der „Zeit“ über seinen Nachfolger als Bundeskanzler.

Zum 80. Geburtstag Kohls sind aber vor allem die einstigen Weggefährten aus der CDU voller Lob über seinen historischen Beitrag zur deutschen Einheit. Die Spendenaffäre, die lange die Verdienste des Pfälzers überschattete, soll dem kranken Jubilar die private Feier am Ostersamstag nicht verderben. Einige CDU-Politiker forderten sogar, Kohl erneut den Ehrenvorsitz anzutragen. Doch nach Ansicht seiner einstigen politischen Ziehtochter Angela Merkel stellt sich diese Frage nicht mehr.

Mehr als zwei Jahrzehnte prägte Kohl die bundesdeutsche Geschichte – länger noch als sein großes Vorbild Konrad Adenauer. Seine Karriere begann der 1,93-Meter-Mann aus Oggersheim in der Provinz. Kohl arbeitete sich rasch in der CDU Rheinland-Pfalz hoch und wurde 1969 Ministerpräsident. 1973 schaffte der Doktor der Geschichte den Aufstieg zum CDU-Bundesvorsitzenden, weitere drei Jahre später ging er als Oppositionsführer nach Bonn.

Den Bruch der sozialliberalen Koalition 1982 nutzte Kohl für ein konstruktives Misstrauensvotum, das ihm die Kanzlerschaft in einer schwarz-gelben Regierung einbrachte. 16 Jahre lang hielt sich der wegen seiner Kopfform zunächst als „Birne“ Verspottete an der Macht. Innerparteilich agierte Kohl als Patriarch. „Aufsässige“ wie Heiner Geißler oder Rita Süssmuth hatten keine Chance. Der Versuch einer Revolte gegen das System Kohl brach 1989 in sich zusammen.

In der Außenpolitik profilierte sich der schwergewichtige Liebhaber von Pfälzer Saumagen, der nur mühselig Englisch sprach, als Verfechter der europäischen Versöhnung. Unvergessen ist der 22. September 1984, als Kohl Hand in Hand mit dem französischen Staatspräsidenten François Mitterrand in Verdun der Weltkriegstoten gedachte.

Nach dem Mauerfall halfen Kohl seine guten Beziehungen zum sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow und seinem Saunafreund, dem russischen Präsidenten Boris Jelzin. Dass er stets auf eine NATO-Zugehörigkeit eines wiedervereinigten Deutschlands pochte, brachte ihm auch die Zustimmung der USA ein. Bei der Wiedervereinigung unterschätzte Kohl jedoch die wirtschaftlichen Folgen und schwärmte von „blühenden Landschaften“ im Osten. Diese Fehleinschätzung trug dazu bei, dass der „Kanzler der Einheit“ die Wahlen 1998 verlor.

Als 1999 die Parteispendenaffäre die CDU erschütterte, kam heraus, dass auch Kohl von anonymen Spendern zwischen 1,5 und zwei Millionen Mark in bar erhalten hatte. Er berief sich auf sein gegebenes „Ehrenwort“, um die Namen zu verschweigen – woran er sich bis heute hält. Als sich die damalige CDU-Generalsekretärin Merkel im Dezember 1999 öffentlich distanzierte, legte Kohl enttäuscht den CDU-Ehrenvorsitz nieder. Seine Partei hat ihm mittlerweile verziehen: Kohls politische Bilanz überrage alles andere, würdigte Unionsfraktionschef Volker Kauder den Altkanzler zum 80. Geburtstag.

2001 musste Kohl einen privaten Schicksalsschlag verkraften, als sich seine an einer Lichtallergie leidende Frau Hannelore das Leben nahm. Seit zwei Jahren ist der Vater zweier Söhne selbst gesundheitlich angeschlagen, von den Folgen eines Sturzes in seinem Ludwigshafener Haus hat er sich bislang nicht richtig erholt. Am Staatsakt zum 20. Jahrestag des Mauerfalls nahm er im Rollstuhl sitzend teil, er konnte nur mit Mühe sprechen.

Ohne seine neue Ehefrau, die 35 Jahre jüngere Maike Richter, wäre der Altkanzler nicht mehr am Leben, zitierte die „Zeit“ vergangene Woche einen Vertrauten. Seinen Geburtstag will Kohl am Samstag im kleinen Kreis in Ludwigshafen feiern, eine offizielle Feierstunde ist Anfang Mai geplant. Der 91-jährige Helmut Schmidt gab dem einstigen Rivalen mitfühlende Worte auf den Weg: „Wenn ich ihm etwas wünschen darf, dann wünsche ich ihm möglichst wenig Schmerzen.“

01.04.2010 - afp / newsburger.de

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