Die Bundesrepublik sei kein Tag ohne Nazis gewesen.
Berlin – Der Publizist und Talkmaster Michel Friedman äußert sich besorgt über den zunehmenden Wunsch der Menschen nach autoritären und populistischen Führungsstrukturen. Er erklärte gegenüber der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe), dass die Bundesrepublik kein Tag ohne Nazis und die Fantasie einer Rückkehr zu autoritären Systemen gewesen sei. Solche Strukturen vermittelten den Eindruck, dass die Welt gar nicht so kompliziert sei. Aber sie seien niemals im Bundestag politisch vertreten gewesen. Friedman betonte, dass die Wiederwahl der AfD bedeute, dass es ein systemisches Problem geworden sei. Die demokratische Wahl einer „antidemokratischen Partei“ mache diese nicht demokratisch. Jedoch sei sie ein sehr gefährlicher Player geworden, weil es so aussehe, als ob das jetzt legitimiert sei, wenn der Hass in einer demokratischen Gesellschaft alltäglich hinausgepustet werde.
Friedman äußerte auch Zweifel an der Wirksamkeit der Erinnerungskultur. Bis in die 1980er Jahre hinein sei die Verdrängungskultur von staatlichen Stellen größer gewesen als die Bereitschaft, sich zu erinnern. Friedman bezweifelt, dass es in Deutschland eine substantielle Erinnerungskultur gibt, wenn 40 Prozent der Jugendlichen heute nicht einmal wissen, was Auschwitz ist. „In jeder Sonntagsrede hören wir den Satz: Wehret den Anfängen. Aber dieser Satz ist falsch, denn wir sind mittendrin“, so Friedman. Er fordert die Menschen auf, ihre Stimme im öffentlichen Raum zu erheben und sich zu engagieren.
Michel Friedman wird am kommenden Sonntag im Düsseldorfer Schauspielhaus auftreten und zur Zukunft der Demokratie sprechen.
15.03.2023 - newsburger.de / Mit Material der dts Nachrichtenagentur.
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