newsburger.de Nachrichten aus aller Welt

Verlauf der Berliner Mauer
© über dts Nachrichtenagentur

Historiker Nabelschau mit „Jammer-Ossi“ und „Besser-Wessi“ beenden

Mehr Dialog und Forschung gefordert.

Osnabrück – 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung ist es nach Ansicht des Historikers Marcus Böick von der Ruhr-Universität Bochum an der Zeit, „die ewige deutsche-deutsche Nabelschau“ zu beenden.

Im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) sprach sich Böick für einen differenzierten Blick auf die Arbeit der Treuhandanstalt aus, die bis Mitte der 1990er-Jahre Tausende von ehemaligen DDR-Staatsunternehmen privatisierte, sanierte oder abwickelte. Und er fügte hinzu: „Gerade an diesem Beispiel wird ja auch deutlich, wie bestimmte Identitäten und Stereotype entstehen können – der undankbare ‚Jammer-Ossi‘ hier, der arrogante ‚Besser-Wessi‘ dort.“

Der Wissenschaftler, der sich jahrelang mit der Treuhand-Politik befasst hat, plädierte stattdessen für einen offenen Dialog und empirische Grundlagenforschung, „die offen sein muss für all die Widersprüche dieser Umbruchs- und Revolutionszeiten“. Neue Studien könnten nach seinen Worten langfristig helfen, „allzu überkommene Ost-West-Frontstellungen durch neue Perspektiven und Argumente zu überwinden“.

Böick fügte hinzu, in der zeithistorischen Forschung boome das Thema mit Öffnung der Archive seit einigen Jahren ganz erheblich. „Ich denke: In zehn Jahren werden wir hier deutlich weiter sein.“

Einen direkten Zusammenhang zwischen den Erinnerungen an die Arbeit der Treuhandanstalt und dem Erstarken populistischer Parteien in Ostdeutschland sieht Böick nicht. „Hier wird man keine einfache Linie von der Treuhand zur AfD ziehen können, auch wenn die AfD die Treuhand in den Landtagswahlkämpfen 2019 als Thema für sich entdeckt hat.“

Dennoch bleibe festzuhalten, dass die ersten Erfahrungen vieler Ostdeutscher mit repräsentativer Demokratie und sozialer Marktwirtschaft nach 1990 hochgradig ambivalent ausgefallen seien. „Diese doch sehr gemischten Erfahrungen wirken bis heute nach und machen es beispielsweise auch vielen Parteien und Gewerkschaften schwer, im Osten tiefe Wurzeln zu schlagen“, sagte Böick.

Der Wissenschaftler erläuterte: „Nach großen Versprechungen in den Wahlkämpfen des Jahres 1990 folgte dann bereits nach 1991 der jähe Absturz in eine Zeit, die von Arbeitslosigkeit, Abwicklungen und Abwanderung geprägt war.“ Und damit sei auch das Gefühl einhergegangen, wieder ohnmächtig den fernen Entscheidungen anderer ausgeliefert zu sein, „nachdem man ja im Herbst 1989 bewiesen hatte, dass man durchaus zu Protest und Widerstand in der Lage gewesen ist“.

29.09.2020 - newsburger.de

Weitere Meldungen

Frieser Bundesregierung will kleinere Parteien aus dem Bundestag drängen

Der CSU-Abgeordnete und Justiziar der Unionsfraktion, Michael Frieser, kritisierte am Dienstag im rbb24 Inforadio die Bundesregierung. Er beschuldigte sie, Oppositionsparteien wie die CSU und die Linke aus dem Bundestag drängen zu wollen. Dies geschieht vor dem ...

Connemann Wir brauchen einen Turnaround in der Wirtschaftspolitik

Die Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, Gitta Connemann, appelliert an die Ampelkoalition, ihre Wirtschaftspolitik zu überdenken und den Streit innerhalb der Koalition zu beenden, um der Wirtschaft des Landes neuen Antrieb zu verleihen. ...

NRW Landesbeamte kritisieren nachlässigen Einsatz von KI

Künast Mehrwertsteuer-Erhöhung beim Fleisch „eine gute Idee“

Krings Initiative zur Speicherung von IP-Adressen verdient Unterstützung

Statistisches Bundesamt 370 Milliarden Euro für Bildung, Forschung und Wissenschaft

Ärztemangel Vereinbarung zum Ausbau der medizinischen Ausbildung in Ungarn

SPD-Vize Lindner soll sich Beispiel am DFB nehmen

Container-Standorte Wegner meldet Bedarf für weitere Geflüchteten-Standorte an

Ifo-Institut Corona-Hilfen des Staates haben Ziel erreicht

Dürr Leitkultur-Begriff im CDU-Grundsatzprogramm „zu schwammig“

Pflege Arbeitgeberverband will Zahlungsdruck auf Sozialämter erhöhen

"Spicken" bei der AfD Islamverbände kritisieren Passage in CDU-Grundsatzprogramm

Aktionismus Anhaltende Kritik an Lauterbachs Klinikreform

Bericht Ampel muss noch über zehn Milliarden Euro einsparen

Haushaltskrise Stadtwerke fürchten Auswirkungen auf Wärmewende

Wichtige liberale Kraft Klingbeil würdigt 75. Geburtstag der FDP

Linnemann CDU „wieder regierungsfähig“

Haushaltsverhandlungen Rufe aus SPD nach höherem Bahn-Eigenkapital

Haushaltsstreit Ökonom Fratzscher befürwortet neues Sondervermögen

« Vorheriger ArtikelNächster Artikel »