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Tsipras
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Griechenland Athen hat akute Finanzprobleme

Auch der kleinste Fehler könnte zum Zahlungsverzug führen.

Athen/Brüssel – Griechenland steht schneller als erwartet vor akuten Zahlungsproblemen. Die Regierung in Athen rief die Rentenkassen und andere öffentliche Institutionen – darunter auch Kliniken – auf, ihre Geldeinlagen an den Staat abzugeben, wie die dpa aus Regierungskreisen erfuhr.

Auch der kleinste Fehler könnte zum Zahlungsverzug führen und eine Pleite auslösen, hieß es. Auf die Auszahlung von Rettungshilfen der Europartner muss das klamme Land weiter warten. „Wir sind noch einen weiten Weg davon entfernt“, sagte ein EU-Verantwortlicher am Freitag in Brüssel. Rasche Beschlüsse der Eurogruppe seien nicht in Sicht.

Die Euro-Finanzminister werden bei ihrem Treffen am Montag über die Lage in dem Krisenland beraten. Die Kassen in Athen sind inzwischen fast leer. Insgesamt muss Athen im März Verpflichtungen im Umfang von gut 6,85 Milliarden Euro erfüllen.

In den kommenden Wochen will Athen die drohende Finanzierungslücke mit kurzfristigen Anleihen überbrücken. Das kündigte Regierungschef Alexis Tsipras in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ an. Sollte die Europäische Zentralbank (EZB) diesem Plan nicht zustimmen, übernehme sie eine große Verantwortung. „Die EZB hält immer noch das Seil, das um unseren Hals liegt.“ Einen Ausstieg aus der Eurozone („Grexit“) schließe er aus, „weil ich Europa liebe“.

Die Bundesregierung dämpfte Erwartungen Griechenlands auf rasche erste Hilfszahlungen der internationalen Geldgeber noch im März. Für mögliche Vorabzahlungen gebe es keine Grundlage, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Jäger, in Berlin. Es gebe eine eindeutige Vereinbarung der Eurogruppe, wonach Griechenland bis Ende April ein detailliertes Reformprogramm vorlegen und es bis spätestens Ende Juni abarbeiten müsse. Danach werde die Umsetzung bewertet.

Auch in Brüssel hieß es, vor weiteren Hilfen müsse zunächst eine neue Reformliste von Finanzminister Gianis Varoufakis von den drei Geldgeber-Institutionen überprüft werden. Der griechische Ressortchef habe die Liste mit sechs Reformen an Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem geschickt.

Der Eurogruppe fehle ein aktueller Überblick zur Liquiditätslage, da Vertreter der EU-Kommission, der EZB und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ihre Gespräche mit der griechischen Regierung bisher nicht wieder aufgenommen hätten, so der Diplomat. Am Freitag konnte Griechenland trotz Finanznot fristgemäß Schulden an den IWF in Höhe von 310 Millionen Euro zurückzahlen.

Zugleich traf sich Tsipras in Athen mit allen für die Finanzen zuständigen Ministern und Funktionären. Anschließend beruhigte Zentralbankchef Stournaras die Bevölkerung. „Es gibt kein Problem mit den Geldeinlagen“, sagte er. Aus Angst vor einer Pleite hatten viele Griechen in den vergangenen drei Monaten nach Schätzungen der Banken mehr als 22 Milliarden Euro von ihren Konten abgehoben.

Im Kampf gegen die Steuerhinterziehung schlug der griechische Finanzminister in dem am Freitag bekanntgewordenen Brief an den Eurogruppenchef auch höchst unkonventionelle Maßnahmen vor. So sollen einfache Bürger – mit Video- und Audio-Aufnahmegeräten ausgerüstet – nach einem Schnellkurs in großer Zahl für begrenzte Zeit als Amateurfahnder Steuersünder enttarnen – etwa festhalten, ob Tavernen anders als vorgeschrieben ihren Gästen keine Quittung ausstellen.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker lehnte nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ die Bitte von Tsipras um ein kurzfristiges Krisentreffen noch am Freitag ab. „In den nächsten zwei Wochen werden wir uns sicher treffen“, sagte Juncker der Zeitung „Welt am Sonntag“. „Ich möchte aber nicht, dass die Beschlüsse der Eurogruppe durch irgendwelche Nebenkontakte unterlaufen werden.“

Die Europartner hatten in der vergangenen Woche das Hilfsprogramm um weitere vier Monate verlängert. Fließen können noch 1,8 Milliarden Euro aus dem Programm des Eurolandes sowie zugesagte Zinsgewinne der EZB aus griechischen Anleihen von 1,9 Milliarden Euro. Vom IWF könnten noch 3,5 Milliarden Euro kommen. Für eine Auszahlung müssen EU-Kommission, EZB und IWF zuvor förmlich grünes Licht geben.

06.03.2015 - dpa / newsburger.de

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