newsburger.de Nachrichten aus aller Welt

Mietvertrag
© Franz-Peter Tschauner / Archiv über dpa

Urteil BGH stärkt Rechte des Vermieters bei Eigenbedarf

Beim Deutschen Mieterbund stieß die Entscheidung auf scharfe Kritik.

Karlsruhe – Im Streit um die Kündigung einer Wohnung wegen Eigenbedarfs hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechte von Vermietern gestärkt. Eine solche Kündigung ist demnach auch dann zulässig, wenn die Möglichkeit dazu bereits bei Vertragsabschluss erkennbar ist. Beim Deutschen Mieterbund stieß die Entscheidung auf scharfe Kritik.

Die fünf Richterinnen und Richter hoben ein Urteil des Landgerichts Mannheim auf, das eine Kündigung für rechtswidrig erklärt hatte. Das Landgericht hatte im April 2014 noch entschieden, dass der Vermieter den späteren Eigenbedarf schon bei Abschluss des Vertrags hätte voraussehen können und müssen. Jetzt muss das Landgericht neu über den Fall verhandeln.

Im konkreten Fall wollte der Vermieter die Zwei-Zimmer-Wohnung in Mannheim seiner 20-jährigen Tochter geben und kündigte deswegen den erst zwei Jahre zuvor geschlossenen Mietvertrag. Die Tochter wohnte zuvor bei ihren Eltern, wollte nach einem einjährigen Aufenthalt in Australien dann aber in einer eigenen Wohnung leben.

Richterin Karin Milger sprach in der Verhandlung von der „Unberechenbarkeit der heutigen Jugend“ und betonte, es gebe keine gesetzliche Pflicht, einen später eintretenden Eigenbedarf bereits bei Abschluss des Mietvertrags erkennen zu müssen. Es liege kein Rechtsmissbrauch vor, wenn der Vermieter bei Vertragsabschluss einen späteren Eigenbedarf noch nicht ernsthaft in Betracht gezogen habe, erklärte der BGH zur Begründung des Urteils.

In der Verhandlung sagte Michael Schultz als Anwalt des Vermieters, von einem Rechtsmissbrauch könne nur dann gesprochen werden, wenn ein späterer Anspruch auf Eigenbedarf bei Abschluss des Mietvertrags vorsätzlich verschwiegen werde. Fahrlässigkeit allein reiche nicht aus. Bei der Nutzung von Wohneigentum stünden Familienangehörige zur Recht höher als Mieter.

Hingegen sprach Mieter-Anwalt Siegfried Mennemeyer von einem „verfassungsrechtlich verminten Feld“. Der Wille einer späteren Anmeldung von Eigenbedarf beginne bereits, wenn die Möglichkeit dazu bestehe und müsse dem Mieter daher angezeigt werden.

Mieter seien auch künftig nicht schutzlos, betonte der für das Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH: Sie können das Eigenbedarfsrisiko abfedern, indem sie für einen gewissen Zeitraum einen Ausschluss der Eigenbedarfskündigung vereinbaren.

Der Deutsche Mieterbund sprach hingegen von einer Aushöhlung des gesetzlichen Kündigungsschutzes. Die Entscheidung sei problematisch und schaffe keine Rechtssicherheit, sagte Verbandsdirektor Lukas Siebenkotten. „Damit wird das Risiko, die Wohnung nur kurze Zeit bewohnen zu können, einseitig dem Mieter zugeordnet.“

In einem weiteren Fall entschied der BGH am Mittwoch zugunsten des Vermieters: So wies er einen Hartz-IV-Empfänger aus Nordrhein-Westfalen in die Schranken, der sich gegen den Rauswurf aus seiner 140 Quadratmeter großen Wohnung wehrte. Das höchste deutsche Gericht für Zivilsachen bestätigte die Wohnungskündigung wegen ausstehender Mieten. Der Mann aus Hilden hatte sich auf Zahlungsansprüche gegenüber den Sozialbehörden berufen, die eine derart große Unterkunft mit einer Monatsmiete von 1100 Euro aber nicht akzeptieren wollten.

„Geld hat man zu haben“, sagte Richterin Milger mit Blick auf die grundsätzliche Zahlungsverpflichtung von Mietern. Dies stehe zwar nicht im Gesetz, sei aber ein allgemeiner Satz im Vertragsrecht. Dieser Satz, kritisierte Mieterbundsdirektor Siebenkotten, dürfe in einem sozialen Mietrecht nicht uneingeschränkt gelten. Die Entscheidung sei unbefriedigend und hinterlasse einen schalen Beigeschmack.

04.02.2015 - dpa / newsburger.de

Weitere Meldungen

Bundeskriminalamt Polizei wirft „Letzter Generation“ 1.200 Straftaten vor

Mitglieder der Protestgruppe "Letzte Generation" sollen in den letzten Jahren laut dem Bundeskriminalamt (BKA) rund 1.200 Straftaten verübt haben, so ein vertrauliches Lagebild. ...

Gesundheit Landgericht weist Klage zu mutmaßlichem Corona-Impfschaden ab

Das Landgericht Rottweil hat eine Klage gegen einen deutschen Impfstoffhersteller wegen eines behaupteten Impfschadens abgewiesen. Das teilte das Gericht am Mittwoch mit. ...

Terrorismus Mehrjährige Haftstrafen für „Gruppe S.“

Karlsruhe Legasthenie-Vermerke in Zeugnissen unter Umständen möglich

Justiz Weitere Anklage nach Attacke auf Asylbewerberheim in Saarlouis

Amokalarm Bedrohungslage an Schule in Hamburg

Gesundheit Niederlage für Suizidwillige vor Bundesverwaltungsgericht

Luftfahrt Hamburger Flughafen wegen Geiselnahme weiterhin gesperrt

Polizeimeldung Betrieb am Flughafen Hamburg eingestellt – Großalarm

GdP Unpolitische „Spaßrandale“ schwer zu verhindern

Polizeimeldung Tatverdächtiger nach Tötungsdelikt an schwangerer Frau festgenommen

Nach Angriff in Fitnessstudio Mutmaßlicher IS-Anhänger vor Gericht

NRW Über 3.000 Autodiebstähle im ersten Halbjahr

Verfahren zu Pro-Palästina-Demos Anwaltverein gegen Priorisierung

Fake Niemand bei Berliner Palästinenser-Protest gestorben

Bericht Angeklagter im Brokstedt-Prozess psychisch krank

Kriminalität Razzia gegen „Reichsbürger“ in mehreren Bundesländern

Sachsen Über 500 Ermittlungsverfahren wegen Schleuserkriminalität

Saarlouis Lange Haftstrafe nach Attacke auf Asylbewerberheim

Parteien BGH bestätigt Versetzung von AfD-Richter in den Ruhestand

« Vorheriger ArtikelNächster Artikel »