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Stühle im Flur einer Schule
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Soziologe Lateinunterricht an Schulen wenig sinnvoll

Latein „in gewisser Weise eine tote Sprache“.

Berlin – Der Direktor des Instituts für Soziologie an der Freien Universität Berlin, Jürgen Gerhards, hält Lateinunterricht an Schulen für wenig sinnvoll.

„Die wichtigste Funktion des Erwerbs einer Fremdsprache ist, mit anderen Menschen, die nicht die eigene Muttersprache sprechen, die in anderen Ländern leben oder bei uns zu Gast sind, sich verständigen zu können. Das wird gerade im Kontext von Globalisierungsprozessen immer bedeutsamer, und gerade die modernen Sprachen Englisch, Französisch und so weiter und Spanisch gewinnen an Bedeutung, könnte man sagen“, sagte Gerhards am Dienstag dem Deutschlandfunk.

Wenn man davon ausgehe, dass „Lernzeit eine begrenzte Ressource ist“, müsse man sich überlegen, in was man „diese Ressource, diese Zeit des Spracherwerbs investiert“. Da Latein „in gewisser Weise eine tote Sprache“ sei, die nicht mehr gesprochen werde, falle die „erste Funktion des Fremdsprachenerwerbs von Latein im Grunde weg“, so der Soziologe weiter, Mitautor der Studie der FU Berlin mit dem Titel „Des Kaisers alte Kleider: Fiktion und Wirklichkeit des Nutzens von Lateinkenntnissen“.

Zwar würden dem Erwerb des Lateins „eine Menge Funktionen – wir nennen das Sekundärfunktionen – zugeschrieben wie Förderung des logischen Denkens, wie Verständnis und Grammatik, auch der deutschen Grammatik“. Zudem sei eine dritte Funktion, dass der „Erwerb anderer Fremdsprachen, vor allen Dingen romanischer Sprachen, durch den Erwerb von Latein erleichtert“ werde. Aber nun zeige „der Forschungsstand, dass dem nicht so ist“, sagte Gerhards.

Der Befund sei, dass „in der Tat die Mehrzahl der Bürger, der Eltern glaubt, dass Latein genau diese Funktionen hat, obwohl das objektiv betrachtet diese Funktionen gar nicht erfüllt“. Es gebe „sehr gute Studien“, die sehr genau versucht hätten, dieses zu messen.

„Wie macht man das? Zum Zeitpunkt t1 misst man gewisser Weise bei den Schülern, also zum Zeitpunkt, wie sind deren Grammatikkenntnisse, wie ist deren logisches Denken ausgeprägt und so weiter, und dann vergleicht man die Gruppen – der eine Zweig erlernt Latein, die anderen lernen Englisch oder Französisch -, und nach ein paar Jahren vergleicht man deren Fähigkeiten, logisch zu denken, miteinander, deren Fähigkeit, Grammatik zu verstehen, miteinander, und was man findet, ist: Es gibt keinen Unterschied“, so der Soziologe weiter.

Auf die Frage, ob Latein aus dem Lehrplan verschwinden sollte, antwortete er: „Nein, so weit würde ich nicht gehen.“ Dies sei die „freie Wahlentscheidung“ der Eltern und der Kinder, welches „Sprachportfolio“ sie sich zulegen wollten.

„Die Aufgabe der Wissenschaft ist aufzuklären über Folgen und Nebenwirkungen einer bestimmten Sprachwahl, und so würde ich auch die Funktion unserer Studie einschätzen“, sagte Gerhards dem Deutschlandfunk.

27.08.2019 - dts Nachrichtenagentur / newsburger.de

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