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"Gleichwertige Lebensverhältnisse" Bundesregierung plant Hilfspaket für strukturschwache Regionen

Der Staat habe lange zu wenig investiert, ganze Regionen seien abgehängt worden.

Berlin – Aus Angst vor einem Auseinanderbrechen der Gesellschaft plant die Bundesregierung das größte Hilfspaket für strukturschwache Regionen seit Jahrzehnten.

Mobilfunk und schnelles Internet sollten zum Mindeststandard, überschuldete Kommunen mit Finanzhilfen gerettet, die Ansiedlung von Jobs gefördert und der Nahverkehr auf dem Land ausgebaut werden, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ (Mittwochsausgabe) unter Berufung auf den Abschlussbericht der von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eingesetzten Regierungskommission für „Gleichwertige Lebensverhältnisse“.

Der Staat habe lange zu wenig investiert, heißt es in dem Bericht. Ganze Regionen seien abgehängt worden. Nun müsse eine neue Ära aktiver Strukturpolitik beginnen. Bis 2030 sollen schwache Regionen so zu den starken aufschließen.

Nimmt man alle Pläne zusammen, dann dürften sie Bund, Länder und Gemeinden Milliarden kosten. Allerdings vermeiden es die beteiligten Ressorts bislang, eine Summe zu nennen. Stattdessen wollten sie das gesamte Kabinett dazu bewegen, seine Prioritäten an diesen Plan anzupassen. Alle Vorschläge seien deshalb auch „Seite für Seite“ zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU), Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) abgestimmt worden, heißt es in dem Abschlussbericht. Sie sollen am Mittwoch im Kabinett beschlossen und präsentiert werden.

Die Pläne sähen unter anderem die Gründung einer staatlichen Infrastrukturgesellschaft vor. Sie werde in Problemregionen mit Steuergeld Mobilfunkmasten und Netze für schnelles Internet aufbauen und an Telekomfirmen vermieten, heißt es weiter. Nach Regierungsangaben sind 15 Prozent der Fläche des Landes digital kaum erschlossen. Die Telekomkonzerne ändern daran seit Jahren nichts. Nun müsse der Staat übernehmen, heißt es.

Ein zweiter Schwerpunkt des Plans betreffe die Verlagerung von Bundesinstitutionen in strukturschwache Regionen. So werde vor allem das Bundesinnenministerium künftig verstärkt Außenstellen seiner großen Behörden wie des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) oder auch der Polizei nicht mehr in Großstädten platzieren, sondern dort, wo Arbeitsplätze rar sind, heißt es in dem Abschlussbericht der Regierungskommission für „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, über den die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

Im Zentrum stünden auch Finanzhilfen für Kommunen – fast jede fünfte hat zu hohe Schulden. Der Bund wolle erstmals in Deutschland Gemeinden helfen, ihre Altschulden zu senken. Eigentlich sind dafür die Länder zuständig. Doch der Bund könne betroffenen Kommunen „einmalig gezielt helfen“, heißt es im Bericht weiter.

In den vergangenen Jahren hatten sich die innerdeutschen Wanderungsbewegungen in Metropolen und wirtschaftsstarke ländliche Regionen verstärkt. Dort steigen die Mieten auf Rekordniveau. In vielen strukturschwachen Gemeinden in Ost- und Westdeutschland wächst dagegen der Leerstand. Die Regierung fürchtet, dass sich die Entwicklung beschleunigt.

„Wir erleben ein Auseinanderdriften der Gesellschaft“, sagte Klöckner. Das müsse man stoppen. Man müsse „sich nur in Europa umschauen, um zu sehen, um was es geht: Die Radikalisierung beginnt meist in abgehängten Regionen“, so die CDU-Politikerin weiter.

Regionale Unterschiede dürften sich aber nicht in Nachteile verwandeln. „Das Leben auf dem Land etwa darf nicht `gefährlicher` sein als das Leben in der Stadt, weil zum Beispiel kein Arzt mehr in der Nähe ist“, fordert Klöckner.

Die Betroffenen fordern eine schnelle Umsetzung. Der Plan müsse „in konkrete Handlungsaufträge übersetzt werden“, sagte der Präsident des Landkreistags, Reinhard Sager, der „Süddeutschen Zeitung“. Das Abhängen ganzer Landstriche koste mehr als nur Geld. Die Zukunftschancen der Menschen dürften nicht davon abhängen, wo sie leben, warnte Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetags.

09.07.2019 - dts Nachrichtenagentur / newsburger.de

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