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lsa Magdeburg: 10.000 demonstrieren gegen Rechtsextremismus

Nach Demonstration Betonplatte nach Polizisten geworfen – Haus stundenlang umstellt.

Magdeburg – Der Protest von etwa 10.000 Magdeburgern gegen Rechts mit einer “Meile der Demokratie” am Samstag ist von Angriffen auf Polizisten überschattet worden. Im Stadtteil Stadtfeld-Ost warfen Unbekannte eine 40 Zentimeter große Betonplatte aus dem 5. Stockwerk nach einem Beamten, der durch umherfliegende Betonsplitter leicht verletzt und ambulant behandelt wurde. Daraufhin umstellte die Polizei das Haus und forderte die etwa 50 Bewohner auf, sich zu stellen. Nach stundenlangen Verhandlungen der Polizei mit zwei Anwälten der Bewohner aus der linksextremen Szene verließen sie nach Mitternacht das Haus.

Mit der inzwischen vierten “Meile der Demokratie” wollte die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt ein Zeichen gegen Rechts und gegen den jährlichen Aufmarsch von Neonazis in der Stadt setzen. Sie wurde etwa 170 Vereinen, Bands, Schulen, Gewerkschaften und Parteien gestaltet. Teilnehmer bildeten vom Alten Markt bis zum Hundertwasserhaus eine Menschenkette. Parallel dazu marschierten in diesem Jahr erneut Rechtsextremisten anlässlich des Jahrestages der Bombardierung von Magdeburg am 16. Januar 1945 in der Stadt auf.

Spitzenpolitiker von SPD, Linken und Grünen unterstützten die “Meile der Demokratie”. Sie forderten erneut ein Verbot der rechtsextremen NPD und mahnten Konsequenzen aus den Vorgängen um die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle an. SPD-Chef Sigmar Gabriel verwies auch auf Straftaten der rechten Szene in Westdeutschland und betonte, “Rechtsextremismus ist kein ostdeutsches Problem.” Rechtsextremismus sei “ein Problem des Zentrums der Gesellschaft, nicht der Ränder.” Es gehe alle etwas an und sei ein gesamtdeutsches Thema.

Gabriel bekräftigte: “Die NPD gehört verboten.” Mit öffentlichen Geldern dürfe nicht die Propaganda finanziert werden, die diese Partei verbreite. Der SPD-Politiker fügte hinzu: “Demokratie ist kein Schaukelstuhl.” Man müsse sich engagieren, nicht nur in Parteien, sondern überall.

Die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth sprach von einem Tag der Menschenrechte, des Gedenkens und der Verantwortung. Sie sagte, “wir sind hier, weil wir nicht zulassen, dass alte und neue Nazis diesen Tag missbrauchen”. Mit Blick auf die Morde der Terrorgruppe NSU fügte Roth hinzu, es sei höchste Zeit, dass sich die Gesellschaft und der Staat entschuldigten für das Furchtbare, was passiert ist.

Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch sprach sich ebenfalls für ein NPD-Verbot aus und forderte dringende Aufklärung mit Blick auf die Terrorgruppe NSU. Auch die Extremismusklausel müsse gestrichen werden. Sie sagte: “Wir brauchen nicht nur einen Aufstand der Anständigen, sondern auch einen Aufstand der Zuständigen.”

Innenminister Holger Stahlknecht bezeichnete den Protest gegen Rechtsextremismus als eine Bürgerpflicht. Der Zweite Weltkrieg, in dem Magdeburg zu großen Teilen zerstört wurde, habe der Stadt großes Leid gebracht, sagte der CDU-Politiker. Für Demokratie und gegen Rechtsextremismus müsse jeden Tag gekämpft werden.

Stahlknecht sprach von einer großen Mobilisierung der rechten Szene in diesem Jahr. Möglicherweise gebe es dabei einen Zusammenhang mit den Ereignissen um die Zwickauer Terrorzelle. Der Aufmarsch der Neonazis in Magdeburg sei der erste große Aufmarsch nach Bekanntwerden der Mordtaten, die der Terrorzelle zugeschrieben werden.

Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper sprach sich für einen entschlossenen Widerstand gegen Rechtsextremismus aus. Die Mordserie der Zwickauer Terrorzelle müsse aufschrecken. Rechtsextremisten hätten in Deutschland nichts zu suchen. Kultusminister Stephan Dorgerloh mahnte: “Demokratie fällt nicht vom Himmel”, sie brauche wache Bürger. Die Stadt dürfe nicht noch einmal den Rechtsextremisten überlassen werden.

Bei dem Protest gegen den Aufmarsch der nach Polizeiangaben etwa 1.200 Rechtsextremisten musste die Polizei drei Sitzblockaden von Gegnern auflösen. Die Polizei war mit etwa 2.000 Beamten im Einsatz. Bis zum Samstagabend nahm sie 22 Anhänger der linken und einen Anhänger der rechten Szene in Gewahrsam.

Bei den Ausschreitungen am Samstagabend waren außer der Betonplatte auch andere Gegenstände, wie etwa ein Waschbecken in Richtung der Polizisten geworfen worden, sagte ein Polizeisprecher. Die Staatsanwaltschaft sah den Tatbestand des versuchten Totschlages als erfüllt an.

15.01.2012 - dapd / newsburger.de

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